Die Malerin
Murnau am Staffelsee, bekannt vor allem als ein ehemaliges Zentrum der Künstlervereinigung DER BLAUE REITER, hat eine würdige Nachfolgerin für GABRIELE MÜNTER entdeckt und dafür gesorgt, dass diese ein Haus in einer idyllischen Oase inmitten des Orts beziehen konnte.
Die Spätexpressionistin HILDEGARD Mühlich malt ihre Bilder mit der Begeisterung eines glühenden und liebenden Herzens für Mensch und Natur. Ihr malerisches Können und die explosive Kraft ihrer Farben, die sie in einer nur von ihr praktizierten Technik aufträgt, macht sie zu einer einmaligen Erscheinung am modernen Kunsthimmel.
Das wird im übrigen nicht nur von Kunstsachverständigen erkannt und gewürdigt. So spricht es für sich, dass sie von einer Nordlandreise fast kein Bild mehr mit nach Hause brachte, weil wildfremde Menschen sie ihr spontan und noch feucht vom gerade abgeschlossenen Malvorgang, gleichsam aus den Händen rissen. Dieses Phänomen erreichte seinen Höhepunkt, als sie anlässlich eines Besuches des Hauses von EMIL NOLDE im dortigen Garten zu malen begann.
Wer heute ein MÜHLICH-Bild, zu einem für viele vielleicht gerade noch erschwinglichen Preis ersteht, kauft – über den zweifellos hohen ästhetisch-dekorativen, ja geradezu seelentherapeutischen Wert hinaus – eine Kunst-Aktie, die aller Voraussicht nach schon in wenigen Jahren nur noch exklusiven Kreisen zugänglich sein wird.
Was diese Bilder so besonders macht, ist die Kraft der Liebe, welche die Weite der äußeren Erscheinungen durchdringt und die dahinter wirkenden geistigen Triebkräfte sowie die Motorik des Weltgefüges erahnen lässt, wie wir das schon von den Spätwerken Van Goghs her kennen. Dieser muss in der Tat die Wirbel der alles durchflutenden Lebensenergie gesehen und malerisch festgehalten haben, längst bevor die Physik der Neuzeit die Richtigkeit der atomaren Wirbeltheorie eines Lord Kelvin wieder in Erwägung zog.
Die eigenständige Qualität der Bilder von HILDEGARD MÜHLICH wird unter anderem auch verständlich, wenn wir erfahren, dass diese Frau einen großen Teil ihrer aus der Liebe zum Menschen geborenen Kraft schwerbehinderten Kindern widmet, welche durch die Anregung zum eigenständigen Malen eine Ursachentherapie der besonderen Art erfahren dürfen.
Ein Bildband von Hildegard Mühlich über diese Arbeit unter dem Titel DIE MALERIN KOMMT, erschien im September 2000 unter der Schirmherrschaft von Prof. Dr. Hubertus von Voss. dem Leiter des Kinderzentrums der Universität München, Fleiglhofstr. 63. 81377 München, im Käsel-Verlag, Kempten Vertrieb: Dingfelder-Verlag. Erlinger Höhe 9, 82346 Andechs, Tel. 08152-6671. Fax – 08152 -5120.“
PETER RABA
ANDROMEDA- VERLAG
für geisteswissenschaftliche und ganzheitsmedizinische Literatur 82418 Murnau – Hechendorf.
Hommage an Bayern
Angeregt durch Bilder von Hildegard Mühlich
In den letzten Jahren führten mich Forschungsreisen mehrere Male nach Bayern: ein bezaubernd vielschichtiges Land, für dessen Hintergründigkeiten und Schönheiten, für dessen sprudelnde Gegenwart und Überlieferungen ich bislang noch kein adäquates literarisches Zeugnis finden konnte.
Schuld daran ist vielleicht die Eile solcher Stippvisiten, vielleicht aber auch der oberflächliche Charakter jener dem Touristen zugedachten Reiseführer; diese können zwar Informationen vermitteln, sie können bis an die Sache heranführen, aber sie vermögen nie jenes eigenartige, ungreifbare und unaussprechliche Etwas, das den Lebensrhythmus eines Landstrichs erst ausmacht, in Wort und Bild einzufangen.
Dieser einmalige und unwiederholbare, auch das Land Bayern auszeichnende existenzielle Rhythmus wurde mir erst richtig bewusst, als ich auf der Suche nach bayerischen Erinnerungsbildern den Landschaftsaquarellen und –gouachen der Hildegard Mühlich begegnete.
In ihre spontan und impulsiv erstellte Bildwelt hat die Künstlerin unmittelbar ihre eigen Gefühle, Erfahrungen und Erinnerungen an diese Landschaft miteingebracht. Stimmungslagen werden darin evoziert, die offensichtlich mit der innereigenen Struktur dieser Landschaft im wahrsten Sinne des Wortes übereinstimmen; stimmig und klangvoll kehren sie eine positive Lebensentsprechung hervor.
Hildegard Mühlich projiziert nämlich ihr eigenes bewegtes, ja oft überschwängliches Innenleben in die von ihr der bayerischen Umwelt abgeschauten Motive: gleichviel, ob es sich um das ihr seit Jahrzenten vertraute Bild des Starnberger Sees handelt, um die Hügel- und Hochmoorlandschaft um Feldafing oder im Murnauer Moos, oder um die Hügellandschaft der Vierkant- und Einödhöfe bei Egglham in Niederbayern. Da werden Aspekte sichtbar gemacht, die nur die überhöhende Weise der Malerei erkenntlich machen kann.
Die malerische Einbildungskraft von Hildegard Mühlich entspringt jener Eigenschaft des Lebensraumes, sich sinnvoll und gefühlsbetont mit der Biographie eines Künstlers zu verweben. Deshalb kann sich der Betrachter dem Zauber dieser Bilder auch nicht entziehen; Erfahrungen und Erinnerungen, effektgeladenes Erleben ist in diese Bilder miteingebaut: Jeder Baum, jeder Landschaftswinkel wurde von der Künstlerin zunächst ganzheitlich, sympathetisch erlebt und ist dann von ihr auf der Bildunterlage neu erarbeitet worden. Deshalb wirken ihre Bilder auch so erbaulich und nicht selten naiv; aber gerade in dieser unverfälschten Naivität, die sich dem angelernt „Gekonnten“ verwehrt, scheint mit ein Reiz ihrer Malerei zu liegen.
Reales Geschehen, Autobiographisches haftet ihren Bildern an: Eine Wegkreuzung, ein bestimmter Baum, die himmelblaue Wegwarte ebenso wie die Sonnenblume oder der von ihr zeitweilig heiß geliebte Löwenzahn gestaltet sich zu wahren Selbstbildnissen im Sinne von Leonardos „Jeder Künstler malt sich immer nur selbst!“
Ihr Künstlerdasein, erst seit einigen Jahren zur Geltung gekommen, scheint sich dann auch folgerichtig wie eine Naturerscheinung entfaltet zu haben. Die Meilensteine dieses künstlerischen Werdeganges lassen sich jedoch kaum in äußern Daten festschreiben; nicht angelernte Regeln liegen ihrer Malerei zugrunde; ihre Daten fügen sich natürlich und organisch in das künstlerische Klima, dem sie entsprungen, im Einklang mit der Ideenwelt, in der sie lebt, und sie orientiert sich an den Kraftlinien, die ihren Ursprung in Traditionellem, Überholten haben; und dieses Kraftfeld richtet sich in letzter Zeit wohl immer mehr gegen den durch die zwei Weltkriege erschütterten und verwirrten Zeitgeist.
Nicht von ungefähr weise ich also im Zusammenhang mit der Malerei von Hildegard Mühlich auf Tradiertes, auf Überkommenes hin. Denn als wir uns langsam von den Grauen des letzten Krieges erholten und unser Leben sich in den Trümmern rings widerspiegelte, hat uns zunächst nicht die Sehnsucht nach Erneuerung zur Tat angetrieben, sondern ein unbändiges Drängen, Althergebrachtes aus den Ruinen sicherzustellen. Was angesichts der Trümmer noch bestehen konnte, wurde wieder aufgegriffen, als bestehender Teil im Neuen wiederbelebt, als Moral gleichwie als moralische Richtschnur.
Ihre Malerei lässt sich mit keiner sogenannt „modernen“ Formel umreißen. Wenn man es allerdings unbedingt wollte, ließe sie sich dem allgemeinen Trend des „Post-Modernismus“ zuordnen. Irgendwie aber bleibt sie ein Einzelfall, nicht zuletzt wohl, weil sie Ausdruck einer authentischen künstlerischen Begabung ist, eines durchaus schöpferischen Temperaments. Und wohl zurecht sagt man dieser Malerei nach, sie sei „beseelt“: Alle diese Bilder durchzieht der gleiche „rote Faden“, das gleiche, oft sehr farbige Leitmotiv, auch wenn die Ansichten und Motive, ja sogar die Erstellungsweisen manchmal wechseln, spürt man es unmissverständlich: Sie entspringen immer derselben „Seherin“, dieselbe Seele hat hier Betrachtung und malerische Wiedergabe geübt.
Hildegard Mühlich scheint also niemals Noch-nicht-Gesehenes anzustreben; ihre Malerei ist vielmehr eine Art Selbstfindung, ein Zwang gewissermaßen, dem sie sich immer dann unterwirft, wenn sie dem geheimnisvollen Ruf der Farbsubstanz oder der noch unbemalten Leinwand, der weißen oder der leicht getönten Papierunterlage, folgt. Und dann lotet sie wie ein Medium das den Farben innewohnende Geheimnis aus, lässt es in meist bewegten Linien und Rhythmen zum Ausdruck kommen, in getreuer Anlehnung an die heimatliche bayerische Landschaft. Es ist ein beinahe sensitives Erfassen, das zu solcher ursächlicher Auswirkung führt. Kornfelder, einsame Bäume, Gärten und Heime, der See, gewundene Hügelketten in dem sich wandelnden Gewand der Jahreszeiten, Blumen, Früchte, Gegenstände des häuslichen Alltags, Krüge, Ähren, Gassen und Himmel – sie alle scheinen tiefschürfenden Enthüllungen einer mit geheimnisvoller Kraft geladenen Gefühlswelt, in der sie, rückwirkend, wiederum integriert und heimisch werden.
In solcher Sicht und aus solcher Sicht wird Malerei wieder zu einem Mittel von Aufrichtigkeit und Wahrheit.
Bukarest/Rumänien,
Feldafing am Starnberger See,
1986/87
Prof. Dr. Raoul Sorban
Professor für Kunstgeschichte
an der Universität Bukarest
Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zog es auch viele Künstler und Maler an den Starnberger See. Die expressionistischen Werke der Künstlergruppe „Blauer Reiter“ kann man heute in den Museen Oberbayerns bewundern. Für Wassily Kandinsky, Franz Marc und Gabriele Münter war die Gegend Heimat und Inspiration gleichermaßen. Das Spiel des Lichtes und das satte Grün des Alpenvorlandes inspirierte sie zu ihren Bildern. Und bis heute hat dieser Landstrich nichts von seiner Faszination verloren. Folgen Sie uns auf den Spuren des „Blauen Reiters“ ins Russenhaus, nach Murnau an den Staffelsee, einst Wohnort Kandinskys und Münters. Doch auch heute findet man hier noch immer Künstler, die sich dem Reiz Oberbayerns nicht entziehen können. Wir besuchen die Malerin Hildegard Mühlich, die ihr Haus und Atelier für Kunstinteressierte öffnet.